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School of Design Basel, Herman Baur, 1956-1961, © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com

Allgemeine Gewerbeschule & Schule für Gestaltung Basel

Bauhaus trifft Kunst und Architektur der Moderne und schafft: Eine alterslose Basler Nachkriegs-Ikone, deren Bedeutung bis heute anhält
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Karin Bürki

Text & Bilder: Karin Bürki

Es ist der ultimative Hotspot der Basler Betonmoderne: Der nüchterne, modernistische Campus der Allgemeine Gewerbeschule und die Schule für Gestaltung Basel. Die filigran gefaltete Maurerhalle ist das wohl schönste Beton-Origami der Welt. Entworfen von Hermann Baur in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler Hans Arp und der Grafikdesign-Legende Armin Hofmann, setzte die Schule neue Massstäbe in der Basler Nachkriegsarchitektur und vereinte Architektur, Kunst und Natur zu einem Gesamtkunstwerk von internationalem Rang.

Ihre kulturhistorische Bedeutung wirkt bis heute nach. Grund genug, sich einmal umzuschauen und herauszufinden, warum die Schule bis heute nichts von ihrer Anziehungskraft verloren hat.

Die Ursprünge der Institution gehen auf das Jahr 1782 zurück. In den 1920er Jahren begann die Stadt, verschiedene Szenarien für einen neuen zentralen Campus zu prüfen, der Design und Berufsausbildung verbinden sollte. In den Jahren 1938/39 wurden zwei Wettbewerbsrunden durchgeführt. Der Entwurf von Hermann Baur mit dem Titel «Ordnung in Freiheit» ging als Siegerprojekt hervor.

Ordnung in Freiheit

Baur wollte etwas Modernes, das sich von der einschüchternden Schularchitektur im Kasernenstil unterschied, die er selbst erlebt hatte. Er schlug eine ehrgeizige, bewusst reduzierte, nichthierarchische Struktur ohne Ornament und Autoritarismus vor, mit einfachem Zugang zu Kunst und Natur, um ein positives Lernumfeld zu schaffen.

Wie viele progressive Architekten seiner Generation - Baur wurde 1894 geboren - war er stark vom Bauhaus und der deutschen Bewegung des Neuen Bauens beeinflusst.

Das Bauhaus wurde 1919 in Deutschland gegründet und war sowohl eine Schule als auch eine Bewegung. Seine Gründer strebten eine Einheit von Architektur, Design, Kunst und Handwerk an. Ihr wichtigstes Ethos war es, Grenzen zu überwinden, modern und innovativ zu sein. Man setzte auf Experimente und kreative Zusammenarbeit. Das Bauhaus legte den Grundstein für die heutige Kunst- und Designausbildung und brachte zahlreiche Designklassiker wie die Freischwinger von Marcel Breuer hervor.

Architektonisch verkörperte das Bauhausgebäude in Dessau die wichtigsten Prinzipien des Neuen Bauens: viel Luft, Licht und eine radikale Reduktion des architektonischen Vokabulars. Die ersten Direktoren des Bauhauses, Walter Gropius und Mies van der Rohe, wurden später zu führenden Persönlichkeiten der Architekturmoderne.

Ein «Schulpalast» mitten im Zweiten Weltkrieg?

Zurück zu Baurs Plan. Obwohl er in Fachkreisen Anerkennung fand, wurde er 1943 in einer Volksabstimmung abgelehnt. Die öffentliche Meinung war gegen den «Schulpalast» und das «Mammutprojekt». Angesichts der Tatsache, dass gerade der Zweite Weltkrieg tobte und das Schulgelände in unmittelbarer Nähe der deutschen Grenze lag, war dies wohl schlicht nicht der richtige Zeitpunkt für das ehrgeizige Vorhaben.

1946 wurde das Projekt offiziell wieder aufgenommen, und zwar als Arbeitsgemeinschaft von Hermann Baur, seinem Sohn Hans Peter Baur und dem Büro Breuning und Dürig. Nach mehreren Überarbeitungen wurden die Pläne genehmigt. Die Bauarbeiten begannen 1956 und wurden 1961 abgeschlossen.

Der Campus besteht aus drei Trakten, die sich locker um einen zentralen Innenhof gruppieren. Jeder einzelne hat seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter. Die Schule für Gestaltung ist fünf Stockwerke hoch und verfügt über glatte Betonplatten und markante Fensterbänder. Das Auditorium und die filigran gefaltete Maurerhalle - das vielleicht schönste Betonorigami der Welt - sind dagegen aus Sichtbeton und wirken dadurch sehr skulptural. Die Wellblechdächer der Werkstätten unterstreichen die eher technische Ausrichtung der Allgemeinen Gewerbeschule.

Basel zementiert seinen Status als Kunst- und Architekturhauptstadt der Schweiz

Baurs kunstsinnige, hochmoderne Designschule passte nun perfekt in die Zeit: Es war der Beginn der Hochkonjunktur, eine Zeit des radikalen Aufbruchs, nie gekannten Wohlstands und grosser gesellschaftlicher Veränderungen. Dank seiner Formbarkeit und Kostengünstigkeit avanzierte Beton zum Baumaterial der Stunde.

Im Basel der Nachkriegszeit herrschte ein grosser Bedarf an Designberufen sowie an technischen und handwerklichen Fachkräften. Gleichzeitig erfand sich die Stadt als Schweizer Kunst- und Architekturhauptstadt neu und profitierte von grosszügigen Kunstleihgaben der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Der Schulcampus, der die Grenzen zwischen Architektur, Kunst und Natur auf entschieden moderne Weise verwischte, fand Anklang bei der aufkeimenden lokalen Kunst- und Designszene und festigte das neue Image der Stadt.

Doch was genau machte die Schule so bahnbrechend, neu und innovativ?

Die zeitlose Anziehungskraft des Gebäudekomplexes liegt sicherlich auch an der grossartigen Kunst-am-Bau. Baur war einer der ersten Architekten in Basel, der Kunst als integralen Bestandteil der Architektur betrachtete. Für den Schulbau arbeitete er eng mit dem renommierten Künstler Hans Arp und dem Grafiker und Lehrer Armin Hofmann zusammen.

Concrete Stele, Hans Arp, School of Design Basel, Herman Baur, 1956-1961, © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com

 © Karin Bürki/Heartbrut

Concrete pyramid, Armin Hofmann, School of Design Basel, Herman Baur, 1956-1961, © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com

© Karin Bürki/Heartbrut

Die biomorphe Betonstele «Säule mit austauschbaren Elementen» von Hans Arp bildet das Herzstück des zentralen Innenhofs. Die ikonische, acht Meter hohe Kreuzung aus Schachfigur und Sonnenuhr hat inzwischen Kultstatus. Arp schuf auch verschiedene Wandelemente mit wellenförmigen Aussparungen.

Ein weiterer Favorit der Studierenden ist die gestufte Betonpyramide. Sie trägt den Spitznamen «Affenfelsen» und stammt von Armin Hoffmann. Der Grafikdesigner und langjährige Dozent an der Schule revolutionierte in den 1960er Jahren die Ausbildung im Fach Visuelle Gestaltung und machte die Grafikabteilung der Schule weltberühmt. Von ihm stammen auch die Wandreliefs im Treppenhaus des Hauptgebäudes. Sie wurden direkt auf den rohen Beton angebracht und zeigen typografische und geometrische Formen, die das architektonische Thema ergänzen. Die schönsten Reliefs befinden sich aber auf der grossen Dachterrasse im fünften Stock – leider sind sie nur für wenige Mitarbeitende zugänglich.

Armin Hofmann, Wall Relief, School of Design Basel, © Karin Bürki/Heartbrut. Explore more on Heartbrut.com

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Wall relief, Armin Hofmann, School of Design Basel, Herman Baur, 1956-1961, © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com

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Modernistische Natur

Ein weiterer Bereich, den Baur modernisierte, war die Garten- und Landschaftsgestaltung. Er wandte sich von dem in der Schweiz noch vorherrschenden rustikal-ländlichen Heimatstil ab und entschied sich für eine lockere Gliederung und Betonplatten statt Naturstein. Während sich der Bereich um den zentralen Innenhof mit mediterranem Flair und den Föhren klar und modern präsentiert, sorgen das üppige, ungemähte Grün und die Laubbäume zwischen den Werkstätten für urbane Wildnis.

Betonkosmetik und anhaltende Ausstrahlung

Bei einer gründlichen, aber behutsamen Sanierung in den Jahren 2006 bis 2011 wurden die ursprünglichen Fenster und die Heizungsanlage durch energiesparende, originaltreue Nachbauten ersetzt. Modernste Betonkosmetik hat den Zahn der Zeit und die architektonischen Vergehen der 80er Jahre (die Aussenfalten der Maurerhalle wurden übermalt!) beseitigt und gleichzeitig die Kraft der Patina durchscheinen lassen. Die Schule, die heute unter Denkmalschutz steht, hat nichts von ihrer Anziehungskraft verloren: Jedes Jahr im Mai, wenn sie ihr Pforten öffnet, zieht sie zahlreiche Besucher an.

Maurerhalle, Masonry Hall, Karin Bürki / Heartbrut. Explore more on Heartbrut.com

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School of Design Basel, Herman Baur, 1956-1961, © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com

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