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Hochhaus zur Palme High-Rise, Haefeli Moser Steiger, Zurich, 1955-1964, Swiss Brutalism, © Karin Bürki/Heartbrut. Explore more on Heartbrut.com

Hochhaus zur Palme

Text & Bilder: Karin Bürki

Text & Bilder: Karin Bürki

Zürich in den frühen 60ern: In der grössten und wichtigsten Stadt der Schweiz laufen die Geschäfte auf Hochtouren, während es architektonisch, gesellschaftlich und auch sonst sehr gemächlich zugeht. Auftritt Hochhaus zur Palme am 18. April 1964. Das Geschäfts-und Bürohaus weckte die Stadt aus dem architektonischen Dornröschenschlaf.

Es führte ein: Einen 50 Meter hoher Büroturm mit 13 Stockwerken! Einen Drive-in-Bankschalter neben einer Tankstelle! Ein futuristisches Autodeck und eine Silberkugel, das erste Fast-Food-Restaurant der Stadt! Eine offene Passage und Zugang von allen Seiten! Ein windmühlenförmiger Grundriss! Junge, moderner ging’s nicht mehr. Und so fanden unsere lokalen Mad Men einen geeigneten Spielplatz am Bleicherweg 33, zwei Tramstationen vom Paradeplatz entfernt.

Ein zweigeschossiger Sockelbau dominiert den Platz und beherbergt eine Ladenpassage sowie Büroflächen im Hochparterre. Auf dem Dach befindet sich das Parkdeck. Vorgefertigte Eternitelemente, die an aneinandergereihte Palmwedel erinnern, dienen als Schnee- und Sichtschutz. Sie sind auch eine Hommage an die Villa «Haus zur Palme» aus dem 19. Jahrhundert, die dem Hochhaus weichen musste. Der Büroturm ruht auf acht mächtigen Sichtbetonstützen, von denen nur zwei in ihrer ganzen Länge sichtbar sind. Eine davon wird von einer filigranen Autoampe umrankt. Ein wenig erinnert die Doppelhelix an das Guggenheim in New York, vielleicht ist es aber auch nur eine ferne Erinnerung des verantwortlichen Architekten Werner Max Moser an sein Praktikum bei bei Frank Lloyd Wright.

Der Geschäfts-und Büroturm katapultierte Zürich nicht nur ins Autozeitalter, sondern markierte auch den Beginn eines veritablen Hochhausbooms, der ein gutes Jahrzehnt lang anhalten sollte.

Als die Architekten Haefeli Moser Steiger, den Auftrag annahmen, standen sie vor enormen Herausforderungen. In den 1950er Jahren war die öffentliche und offizielle Meinung in Zürich gegenüber Hochhäusern noch sehr ablehnend. Die Bauvorschriften waren streng und zahlreich: Der Vorplatz musste öffentlich zugänglich sein. Bei Neubauten in der Innenstadt galt die Vorschrift, maximal viele Parkplätze anzubieten. Schattenwurf war schon damals ein Thema und so weiter und so fort. Die Architekten mussten sich also etwas Besseres einfallen lassen als den üblichen Kasten auf Stelzen mitten auf einem zugigen Platz. Ihre windmühlenförmige Lösung ist eine wahre Meisterleistung. Sie integriert den vorhandenen Baumbestand der Villa, nutzt das 3900 m2 grosse Grundstück optimal aus und minimiert den Schattenwurf auf die umliegenden Gebäude. Das Parkdeck bietet Platz für 94 Autos und 20 Scooter. Der mutige, unkonventionelle Ansatz zahlte sich für HMS aus. Die Palme fand international grosse Beachtung. Nur in Zürich blieb dem Hochhaus die offizielle Anerkennung versagt, bis es 1998 unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Die Palme ist auf Sand-, Ton- und Schlicksedimenten aus dem Sihl-Delta und dem einstigen Seegrund gebaut. Die tragenden Säulen mussten mit Pfählen künstlich um 18 Meter verlängert werden, um festen Baugrund zu erreichen. Der Silberkugel Fast-Food Imbiss (Innendesign: Justus Dahinden) existiert auch heute noch. In der Lobby im Haupteingang befindet sich seit 1996 ein riesiger goldener Kronleuchter auf dem Boden. «The Fallen Chandelier» des Künstlers Ilya Kabakov kann als Referenz an die klassizistische Villa aus dem Jahr 1837 gedeutet werden, die mitsamt lauschigem Garten dem Hochhausgebäude weichen musste. Der Kronleuchter weint leise, wenn man genau hinhört.
Hochhaus zur Palme High-Rise, Haefeli Moser Steiger, Zurich, 1955-1964, Swiss Brutalism, © Karin Bürki/Heartbrut. Explore more on Heartbrut.com

© Karin Bürki/Heartbrut

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Triemli-Tower, Triemli-Turm, Esther + Rudolf Guyer, © Karin Bürki/Heartbrut. Explore more on Heartbrut.com
Flamatt II, Atelier 5, Wünnewil-Flamatt, Canton of Fribourg 1961. A Swiss pioneer of brutalist architecture © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com
Hardau, Zurich, 1978, Brutalism, © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com
Goetheanum, Rudolf Steiner, Dornach, 1924-1928, Swiss Brutalism, © Karin Bürki/Heartbrut. Explore more on Heartbrut.com