Hand aufs Herz: Wann verweiltest du das letzte Mal vor einem brutalistischen Laborgebäude, rein zur Freude am Vergnügen? Eingekeilt zwischen dem Genfer Kinderspital und einem Miniwald, ahmt das medizinische Forschungszentrum eine Tulpe nach. Es könnte aber ebenso gut als ein kristalliner Organismus gedeutet werden, den eine eisige Galaxie ausgespuckt hat oder ein sowjetisches Souvenir aus dem Kalten Krieg. Aus dem massiven, fraktalen Betonstamm wachsen 12 schlanke Äste und ein filigranes Goldgitter, das einen zuckerwattig schimmernden Glaskubus umrahmt. Der Anblick der pastellenen Rosa-, Blau- und Gelbtöne, die im Dunst der sommerlichen Nachmittagssonne sanft dahinschmelzen, ist zum Niederknien schön.
Sogar der futuristische, goldene Lifteingang am Fuss des Betonstamms strahlt so gleissend hell wie die Verheissungen des wissenschaftlichen Fortschritts - könnte aber auch als ein von Ken Adam entworfenes Bond-Set durchgehen. Die Flowerbombe aus den 70er Jahren ist auch heute noch Lichtjahre entfernt von der asketischen Strenge und straighten Männlichkeit, die den Schweizer Betonarchitekturkosmos dominiert. Sie umarmt stolz und selbstbewusst ihre harten wie auch ihre weichen und zerbrechlichen Seiten. Hätten Gebäude ein Geschlecht, würde La Tulipe sagen, dass diejenigen, die aus der Rolle tanzen, mehr Spass haben. Wie man ihn auch lesen mag, dieser Rohdiamant bleibt radikal anders. In der Schweiz und anderswo.