Er steht direkt neben dem Bahnhof und ist allen, die regelmässig mit dem Regionalzug von Aarau nach Basel unterwegs sind, ein vertrauter Anblick. Für die meisten ist der Neumarkt Brugg einfach ein weiterer Betonklotz, wie er auf der Fahrt durchs Mittelland hundertfach vorbeirauscht. Dabei war das Einkaufszentrum mit direktem Bahnanschluss einst das Herzstück eines wegweisenden, verkehrsfreien Gestaltungsplans aus den Sechzigerjahren. Der Brugger Stadtrat und eine fortschrittliche Gruppe um den Architekten Hans Ulrich Scherer wollten die Altstadt in ein autofreies «Citygebiet» mit Warenhäusern, Läden, Restaurants und Gewerbe verwandeln. Zur Erinnerung: Das war auf dem Höhepunkt des Autozeitalters, als Einkaufszentren auf der grünen Wiese boomten.
Das Projekt war aber auch sehr umstritten, und die Umsetzung geriet nicht ganz so visionär. Als nach jahrelangen erbitterten Auseinandersetzungen um Grundstücke und Investoren der neue Migros-Shoppingtempel im Sockelgebäude am 13. März 1975 endlich eingeweiht wurde, herrschte Wirtschaftskrise. Der Fortschrittsenthusiasmus war futsch. Die Begriffe «Umweltverschmutzung», «Wegwerflandschaften» und «Baukrebs» tauchten im Wortschatz auf. Der betonkrustige Dino von Brugg wurde zum Sinnbild spekulativer Schandfleckarchitektur. Es dauerte nicht lang, bis er den Spitznamen «Bunker auf Stelzen» abkriegte.
Allem Scapegoating und Spott zum Trotz: An die Abrissbirne hat sich bisher niemand gewagt. Und so wartet der einstige Pionier und heutige Pensionär trotzig weiter auf den nächsten Zug.