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Der Kristall, der auf die Erde fiel: Hypnotisch anziehend und von ausserirdischer Schönheit, stellt La Tulipe sämtliche Brutalismus-Clichés auf den Kopf. Der kantige Solitär spielt kokett mit seiner soft-pastellenen Seite.

Hand aufs Herz: Wann verweilten Sie das letzte Mal vor einem brutalistischen Wissenschaftsgebäude, rein zur Freude am Vergnügen? Eingekeilt zwischen dem Genfer Spital-Hub und einem Mini-Wald wirkt das medizinische Forschungszentrum wie ein weises Baumgewächs, das einst von einer eisigen Galaxie ausgespuckt wurde oder ein sowjetisches Souvenir aus dem Kalten Krieg. Fraktale Stahlbetonstrukturen formieren sich zu einem massiven Stamm, von dem schlanke Zweige einen kristallinen Kubus aus schimmernden Glasfenstern in Pastelltönen umrahmen. Der tulpenförmige Solitär strahlt rohe Eleganz und kühnen Optimismus aus.

La Tulipe präsentiert den seltenen Fall, dass ein brutalistisches Gebäude seine gesichtlosen Gegenüber mühelos an die Wand spielt: Der Anblick der im goldenen Dunst eines Sommernachmittags zart dahinschmelzenden Softeistöne ist ein Spektakel für die Augen.

Sogar der futuristische Lifteingang am Fuss des Betonstamms strahlt so gleissend hell wie die Verheissungen des wissenschaftlichen Fortschritts - könnte aber auch als ein von Ken Adam entworfenes Bond-Set durchgehen. Der Kristall, der auf die Erde fiel, ist Welten entfernt von der asketisch-geradlinigen Maskulinität, die die meisten Béton Brut-Objekten hierzulande prägt. Er bleibt bis heute eine radikale Rarität im Schweizer Kosmos.

La Tulipe reflektiert das internationale Profil ihres Gestalters, Jack Vicajee Bertoli. Der in Mumbai geborene Raumplaner und Architekt begann seine Karriere als Assistent von Grosskalibern wie Breuer und Saarinen, bevor er mit Le Corbusier an der Stadtplanung von Chandigarh zusammenarbeitete. Mit seinem eigenen Genfer Büro realisierte er Projekte in Indien, Frankreich, Italien, Afrika, der Karibik, und den USA.

La Tulipe No1 Postcard, A6 I Brutalist Beauties I © Heartbrut / Karin Hunter Bürki

© Karin Bürki/Heartbrut

© Karin Bürki/Heartbrut

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