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Da steht er, wie ein ramponierter und angeschlagener Dropout aus einer frostigen Science-Fiction Zukunft: Dieser brutalistische Monolith lässt niemanden kalt.

Unverfroren schroff und sehr sehr brute - der Triemli Turm macht absolut keinen Hehl aus seiner Weigerung, irgendjemanden gefallen zu wollen: Der 43-Meter Betonturm beim Stadtspital dreht seinen Allerwertesten der Stadt zu und zeigt ästhetischen Feinfühligkeiten gnadenlos den Finger. Von allen frühen Zürcher Béton Brut-Bauten, ist er derjenige, der sich am konsequentesten den brutalistischen Kernqualitäten verschrieben hat, die der einflussreiche britische Design- und Architekturkritiker Reyner Banham in den Fünfzigerjahren wie folgt definierte: «Was den Neuen Brutalismus ausmacht ist eben genau seine Brutalität, dieses Ist-Mir-Doch-Egal-Sein, die Sturheit.»

Der kühne Betonturm am Fuss des Uetlibergs war von Anfang an dazu verdammt, ein Leben als einsamer Solitär zu fristen. Als 1957 die ersten Pläne für ein Personalhochaus für das neue Stadtspital publik wurden, titelte der «Tages-Anzeiger», scheinbar kurz vor dem Herzinfarkt: «Alarm am Triemli!». Das war wenig verwunderlich. In einer Stadt, deren architektonische Ambitionen sich noch bis tief in die Sechzigerjahre hinein in heiterer Heimatstil-Idylle und Gartenstadt-Romantik erschöpften, galten Hochhäuser grundsätzlich als höchst suspekt. Man befürchtete eine «Manhattanisierung» der Limmatstadt. Heute hiesse die Diagnose: Angst vor «Dichtestress». Zwar hat sich das Verhältnis der Stadt zum Hochhausbau bekanntermassen entspannt. Die ablehnende Haltung gegenüber dem Triemli-Turm hält sich jedoch hartnäckig: Im Jahr 2018 kürte die Leserschaft der grössten Pendlerzeitung der Schweiz die Brutalismus-Ikone zum «Hässlichsten Gebäude der Schweiz».

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass viel der empfundenen «Hässlichkeit» einer verpfuschten Sanierung von 2013 zu verdanken ist. Die schlecht abgestimmten grauen Schutzanstriche an der Fassade sind als Flecken deutlich und auch von weitem sichtbar. Für perfektionsverliebte Schweizer Augen und speziell im designvernarrten Zürich gilt die Kombination aus ungeschöntem Brachial-Brutalismus und Farbbeutel-Angriff unweigerlich als schwerer Affront.

Die Mieterinnen und Mieter selber sehen die Sache wesentlich entspannter. Sie schätzen die kompakten, aber gut geschnittenen Wohnungen mit Design-Details wie Schiebetüren. Jedes Zimmer hat einen separaten Balkon, was einen einzigartigen Panoramablick über die Stadt bis zu den Bergen sowie die Waldwand des unmittelbar benachbarten Uetlibergs erlaubt. Die Mieten sind für die Gegend moderat und der Zugang zu Stadtzentrum, Spital und Natur leicht und nah. Es mag für einige frustrierend sein, aber als unter Schutz stehendes Objekt bleibt der Triemli Turm da wo er ist und hingehört.

Triemli Tower Postcard, A6 I Zürich Brut Edition I © HEARTBRUT / Karin Hunter Bürki
Triemli Tower, Triemli-Turm, Zurich, Brutalism. © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com
Triemli Tower (Triemli-Turm), © Karin Bürki, Heartbrut.com, 2021. Explore more on Heartbrut.com

© Karin Bürki/Heartbrut

Triemli Tower, Triemli-Turm, Zurich, Brutalism. © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com

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