Betonschleife, Three Loops, Swiss brutalism icon, Ralph Bänziger, © Karin Bürki. Explore more on Heartbrut.com
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Betonschleife

Spiel mit dem Risiko
Picture of Words & images: Karin Bürki

Text und Bilder: Karin Bürki

In den 1970er Jahren führten brutalistische Wohnsiedlungen einen radikal neuen Ansatz für Spielplätze ein. Elemente wie Betonpolygone, Rampen und Löcher in Wänden sollten Kinder dazu ermutigen, Risiken einzugehen und die raue Welt da draussen zu erkunden. Eine der auffälligsten brutalistischen Spielskulpturen der Schweiz befindet sich an der Grünau-Schule in Zürich-Altstetten. Die «Betonschleife» von Ralph Bänziger ähnelt drei sanft Wellen werfenden überdimensionalen Kaugummistreifen aus Beton. Farblich von Pastellblau bis zu verblasstem Terrakotta reichend, schlug sie bei den Kids sofort ein. Allerdings nicht ganz so, wie ihr Schöpfer es beabsichtigt hatte.

Die Betonschleife ist das Werk von Ralph Bänziger, der als Junior-Architekt mit der Gestaltung des Pausenplatzs beauftragt wurde. Inspiriert von Max Bills «Infinity Loop» wollte Bänziger eine immersive, begehbare Skulptur schaffen. Das ursprüngliche Design umfasste auch ein flaches Wasserbecken, dessen Unterhalt sich jedoch als zu kostspielig erwies.

In den Augen der Kinder stellten Bänzigers Schleifen schlicht und einfach die perfekten Skaterrampen dar – sowohl die Spielskulptur als auch der neue Trend eroberten Zürich 1977. Bänziger und die Schulleitung waren von der kindlichen Umfunktionierung überhaupt nicht angetan. Metallleisten setzten dem Vergnügen kurzerhand ein Ende.

Aller Spassbremserei zum Trotz: Bänzigers Spielskulptur erfreut sich immer noch grosser Beliebtheit. Die harten Betonschlaufen sorgen auch heute noch für erhebliches Mutprobenpotenzial, und die brutalistische Ästhetik der Grünau-Siedlung bietet eine grossartige Kulisse für Hip-Hop-Videos.

 

In der heutigen überfürsorglichen Welt erscheint die Idee absurd, Kinder absichtlich Gefahren auszusetzen. Aber zurecht? Zwar hatten die Kids in den 1970er Jahren beim Erkunden brutalistischer Spielplätze einen hohen Pflasterbedarf, aber sie entwickelten auch ausgezeichnete Resilienz, viel Selbstvertrauen und wertvolle Fähigkeiten im Umgang mit Risiken. Eine Erkenntnis, die heute angesichts weit verbreiteter Bewegungsarmut, sozialer Isolation und Brain Rot durch soziale Medien wieder an Dringlichkeit gewinnt.

Ausgehend von den Niederlanden und Deutschland adaptieren Klettertürme und urbane Abenteuerspielplätze das Konzept der brutalistischen Spielplätze für die heutigen Bedürfnisse. Der Leitgedanke: «Risky Play» - dosiertes risikoreiches Spielen - fördert die körperliche und mentale Gesundheit und dient dem Knüpfen sozialer Kontakte. Immer mehr Fachpersonen und Spielplatzdesigner argumentieren ausserdem, dass ein gelegentlicher Knochenbruch für die kindliche Entwicklung besser ist als absolute Sicherheit.

Apropos Brüche: Eine der Betonschleifen ist in diesem Frühjahr teilweise eingebrochen. Die gesamte Spielanlage ist seither eingerüstet und darf nicht mehr betreten werden. Das bietet die perfekte Gelegenheit, Ralph Bänzigers wegweisende Spielskulptur von den farblichen Verschandelungen und den Sockelleisten zu befreien. Und risikoreiches Spielen zu fördern.